Brev från Marianne Schweitzer till Märta den 19 mars 1988.

19. 3. 88

Meine liebe Märta! und Gerd!

Es wird wirklich höchste Zeit, dass Du einen Dank für Deinen lieben Brief vom 17.1. bekommst und für den guten Kaffee den Volker von Dir mitgebracht hat, bekommst. Das war lieb von Dir, sie noch auf dem Bahnhof aufzusuchen. Habe für alles Dank. Ich hatte als Volker gleich nach seiner Rückkehr zu mir kam, einen Brief an Dich angefangen. Der blieb leider unfertig liegen. Als ich ihn eben noch einmal fertig schreiben wollte, las ich ihn erst durch und sah, dass ich ihn unmöglich abschicken kann. Ich kann ihn selber nicht entziffern. Meine Augen sind so matt geworden und meine Hände so ungeschickt. Es gibt ein sächsiges Sprichwort: Hab's geschrieben, und kann's nicht lesen, ist das nicht ein grosser Besen!? Und genau so ist es, ich kann es nicht lesen. Hoffentlich ist dies nun etwas besser, und Du kannst es lesen. Aber ehe ich Deine Brieffragen beantworte, möchte ich Dir noch für den guten Kaffee danken. Ich selbst kann ihn ja leider nicht trinken, wegen Übersäuerung im Magen, aber ich habe etwas meinen lieben Gästen vorzusetzen, die alle behaupten, das Schwedenkaffee besonders gut schmecken soll.

So, nun zu Deinen Fragen meiner Erinnerung von dem Königshaus meiner Kindheit, den Wettinern. Die Wettiner sind älter als die Hohenzollern, das Kaiserhaus, darüber waren wir Sachsen besonders stolz. Meine eigenen persönlichen Erinnerungen gehen ja nur bis zum König Friedrich August III zurück. Den ich schon als 7 Jährige die Hand geben durfte. Da besuchte er Lockwitz und anschliessend die Rüger'sche Schokoladenfabrik. Da hatte unser Vater ein Biedermeier Gedicht gemacht, das Friedel Rüger (meine lebenslange beste Freundin) und ich in Biedermeiertracht aufsagen mussten.

Als Vater an die Versöhnungskirche nach Striesen kam, musste ich bei dem Einweihungs-Gottesdienst vor der Kirche dem König ein langes Gedicht aufsagen, welches auch Vater gemacht hatte, und ich blieb natürlich beim Aufsagen kurz stecken. Als ich fertig war sagte der König: Das hast Du gut gemacht, aber es war wohl recht schwer?? Ich: Ja, aber das hat mein Vater selbst gemacht! woraufhin der König hell lachte. Dann nahm er mich an die Hand und so zog er mit mir in die Kirche ein, dem Vater, der am Altar stand entgegen. Vater kam aus dem Konzept.

Das 3. Mal der persönlichen Begegnung war so. Ich kam auf der Prager Str. (der eleganten Hauptgeschäftsstr. damals) zufällig dem König entgegen, der gern durch die Stadt bummelte, allein mit seinem Hund. Er hatte Generalsuniform an, da hatten die Hosen einen breiten roten Längsstreifen. Da habe ich ihn fröhlich 3 x umkreist, um das anzusehen. Da fragte der König: Nu Kleene, ich gefall Dir wohl? Ich, sehr erschrocken stotterte: Nein, ich will bloss sehen ob die roten Streifen aufgesetzt oder eingewebt sind! Da lachte der König laut, und ich rannte weg.

Im Sommer 1915 musste ich auf Einladung des Königs in der Woche 2 x in das kleine Schloss, eigentlich Villa, nach Wachwitz kommen zur Gesellschaft der 3 Prinzessinen, die im Alter mir sehr nahe standen, da spielte er mit uns Karten und dann als ich in seiner grossen Pillnitzer Gärtnerei Lehrling war, musste ich 2 x in der Woche mit ins Schloss fahren zum Schmücken. Da nannte er mich schon dem Hofprediger seinen Mistfink. Bin ich da nicht halb verwandt mit ihm gewesen? - Jedenfalls habe ich noch lange das Gefühl gehabt.

Als ich jung verheiratet war, fuhr ich mit Otto mit unserem Hanomag (Kleinauto) durch Frankfurt. Überall waren Flaggen auf Halbmast gesetzt. In diesen Tagen war auch gerade der König (a.D.) von Sachsen gestorben 1928 [nej, 1932], da sagte ich zu Otto: Das finde ich grossartig, dass selbst hier um unseren König (a.D.) getrauert wird. Otto lachte schallend, es war "Volkstrauertag".

So verwachsen war das ganze sächsische Volk mit ihm. Als er 1918 durch Dresden fuhr nach seiner Abdankung um auf sein Schloss Sibyllenort in Schlesien zu ziehen, da hat er wirklich laut zum Wagen heraus den ihm spalierstehenden Volk gesagt: macht euren Dreck allene! Beerdigt ist er ja auch in der kat. Hofkirche in Dresden, wo sein Sarg heute noch sein soll.

So, nun schreibe ich Dir noch die letzten 3 Wettiner auf, die ich noch vom Erzählen kannte.

1. König Johan 1854-1873 [geb. 1801], verheiratet mit Karola Maria Theresia Prinzessin von Padua [wahrscheinlich eine Verwechslung: Carolina Maria Theresia Josephina von Bourbon-Parma 1770-1804, war seine Mutter. /SZ]. Unter dem hat unser Grossvater als geheimes Oberzollrat gearbeitet, als Bismarcks Gegner. Er musste den sächs. Freizoll im Bundesrat verteidigen. Er verehrte Bism. sehr, starb aber im Zug von Berlin nach Dresden nach einer harten Auseinandersetzung mit Bismarck am Herztod, da war unser Vater schon junger Student. Oma hatte 3 studierende Kinder u. 1 Tochter allein grosszuziehen.

2. König Albert 1873-1902 [geb. 1828], verheiratet mit Prinz. Wasa.

3. König Georg 1902-1904. Bruder von König Albert, verheiratet mit Maria, Infantin von Portugal.

[Endet ohne Gruß. Vielleicht fehlt eine Seite?]

Ansvarig utgivare: Stefan Zenker, www.zenker.se

 
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