Brev från Erna "Sibylle" Tietze till Märta den 31 oktober 1958

31. X. 58

Mein liebe, liebeMärta,

Vorigen Montag hatte ich einige Kolleginnen zum Kaffee bei mir, wir waren fast fertig mit Trinken, - da klingelt es, u. Nanna, Otto u. Isko, der Hund, besuchen mich. Das war eine Freude! 9 Personen in meinem runden Zimmer! Es war ganz reizend; natürlich wurde "von Schweden" erzählt, u. alle hörten begeistert zu. Nun ist die Verbindung zu Dir wieder ganz nahe, ich weiß nun, wie's bei Euch aussieht, wie Ihr lebt. - Hab' aber zuerst einmal von Herzen Dank für Deinen lieben Geburtstagsbrief; - u. dann noch einmal Dank für das herrliche Gebäck u. den famosen Lappen. Kannst Du mir nicht mal das Rezept für die Plätzchen schreiben? Ich würde sie gern mal versuchen, sie schmeckten ja hervorragend.

Sicher hat Dir Nanna auch einiges von meinem Leben erzählt. Ich bin gesund, es geht mir wirtschaftlich gut; - aber ich habe große Sorgen wegen meiner Schwester. Nun, wo ich sie dauernd bei mir habe, ist sie ruhig u. lieb, wenn auch die Komplexe bleiben. Aber ich liege eben an der Kette. Ich kann nicht für längere Zeit fort, sonst verschlimmert sich ihr Zustand. Schon die 3 Tage, die ich jede Ferien zu einer alten, einsamen Freundin fahre, sind schwer erkauft, u. die Sorge läßt mich nicht los.

In der Schule ist es auch weiterhin sehr nett. Trotzdem sich unser Kollegium geändert hat; - unsere liebe Direktorin ist ja schon vor 1 Jahr weggegangen - ist der Kontakt zwischen allen Lehrkräften sehr gut. Diese ehemalige Direktorin war am Montag auch bei mir, ich bin ihr weiterhin freundschaftlich verbunden. Dies ist ja nun endgültig mein letztes Dienstjahr. Nur weil ich die Übersiedlung in die neue Wohnung erst nächstes Frühjahr vornehmen kann, ging ich noch nicht in den Ruhestand. Eigentlich mußten alle überalteten Lehrkräfte schon voriges Jahr gehen. Ich habe Angst, ohne Arbeit zu sein; denke aber, weiterhin als Vertretung beschäftigt zu werden. Nur immer mit meiner Schwester zusammen, ohne Ablenkung, - das würde mir sehr schwer werden.

Der Mensch bleibt sich im Grunde doch immer gleich. Stets haben Bücher mir geholfen, das Leben, dies sehr, sehr schwere Leben, zu ertragen. Auch jetzt sind sie meine besten Freunde u. trösten mich. Jetzt nach meinem Geburtstag habe ich wieder einen ganzen Vorrat guter Lektüre. Ich las: Pierre la Mure Moulin Rouge u. Hemingway Der alte Mann u. d. Meer. Noch einen anderen Hemingway Haben u. Nicht haben habe ich im Vorrat. Das ist gut!

Und nun leb' von Herzen wohl. Grüß all Deine Lieben - wie reich bist Du! - recht herzlich von mir.

In treuer Verbundenheit
Deine Sibylle

Ansvarig utgivare: Stefan Zenker, www.zenker.se

 
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