Brev från Marianne Schweitzer till Märta den 19 augusti 1952

Dresden, den 19. 8. 1952

Lliebe Märta - lieber Gerd!

Abscheulich - hässlich - hundsgemein! benahmen wir uns, dass wir uns noch nicht bei Euch für Eure Liebe - Brief - Paket - Telegramm bedankten. Ich weiss nicht, wohin die Zeit geflogen ist seitdem. So vollgepropft ist unser tägliches Leben voll Arbeit und Menschen, dass es toll ist. Es vergeht kein Tag an dem nicht ein Mensch mit uns isst usw. 20 x klingelt es sicher am Tag. Alle Kinder der Nachbarschaft kommen mit ihren Sorgen, mit Schulaufgabennöten usw, Gärtner kommen und gehen, Behördenleute, Architekten usw, usw. Und dabei sollen unsere eigenen Belange auch noch bearbeitet werden, als da sind: Beruf, Haushalt, Viehzeug, Garten. Dies nur als kleine Erklärung für die Schreibfaulheit. Und zum Geburtstag konnte ich ja gar nicht schreiben, da wart Ihr ja in Deutschland. Wie sehr haben wir die Verwandten beneidet die Euch sehen konnten - ach wie sehr. Wie fällt ihnen doch alles in den Schoss - und sie nehmen all das als selbstverständlich, ach ja. Wo hast Du, Gerd, denn Deinen Geburtstag gefeiert? Bei Nessi? Habt Ihr wenigstens einmal gemeinsam an uns gedacht? Wir brauchen es so sehr.

Aber ich will lieber von unsrer "Vergangenheit", das heisst der jüngsten erzählen. Die silberne Hochzeit [18 juni] war wunderhübsch. Dass wir einen so festen Freundeskreis haben ist immer wieder ein Geschenk. Sie Alle verschönten den Tag so sehr. ½ 6 Uhr ertönte vor unseren Fenstern ein Ständchen: "Lobe den Herren - -", "Vom Aufgang der Sonne - -", "Geh aus mein Herz und suche Freud" - und Geige + Flöte; Ausführende waren Friedel mit Armgart + Volker, und Anne mit Brigitte, Anne-Marie und Michael. Rührend, da die Kinder doch teils im Büro, teils in der Schule um 7 Uhr schon anfangen mussten. - Dann ging es den ganzen Vormittag durch mit Besuchen aus der Nachbarschaft zu. Kollegen kamen usw. Als Wohngäste waren die Quedlinburger Geschwister (Heinz Schweitzer + Frau und 8 j. Sohn) da. ½ 4 Uhr kam die Rügerei, einschliesslich Tante Rüger! Gleich am Eingang sprachen die Kinder Verse und überreichten Gaben und Silberkranz + Strauss. Es war so hübsch. - Kaffee im Garten, 22 Personen. Nach dem Kaffee kamen Seidels + Wellers Kinder mit so wunderhübschen Versen unsrer Lebensstationen, von Mutti gedichtet. Sibylle war da, Hertha, Frau Dittner, Lotte Kr. usw.

Einige Tage nach der silbernen trafen wir Mutti und auch gleichzeitig Tante Hertha. Es war wunderbar, nur arg kurz. Dann hatte ich 14 Tage die kleine elternlose Enkelin eines Kollegen von Otto bei uns, 11 jährig - in Freiheit dressiert und daher etwas anstrengend. Dann fuhren wir mit Hanomag + Zelt ins Erzgebirge, beruflich, aber etwas bummelnd ferienhaft. Oberwiesenthal - Annaberg - Mauersberg. Jetzt ist Michael Weller 14 Tage bis 3 Wochen bei uns, Anne ist mit den Mädels an der Ostsee, Andreas zu Haus beim Vater. Michael ist nun schon 13 Jahre alt und gut zu haben. Leider ist er etwas zart.

In der wahnsinnig heissen Zeit fingen wir an wieder baden zu gehen, was wir jahrelang nicht taten und jetzt stürze ich mich wieder kopfüber in die Fluten. - Beruflich ist's jetzt etwas flau, wir hoffen aber auf Aufträge Ende August - Anfang Sept.

Jetzt haben wir in Dresden grosse Festtage - ein ganz grosses internationales Pioniertreffen. Es ist lustig, das bunte Treiben zu sehen. Es wäre etwas für Eure Jungens. Alle grösseren Häuser sind mit Transparenten und Losungen geschmückt. Am häufigsten sieht man: "Mit Hammer + Sichel, mit Buch und Gewehr bauen wir den Sozialismus auf"! Macht es uns nach, wir raten es Euch sehr! Nie sah man frohere Menschen als jetzt bei uns. Mutti wird es Euch bestätigen!

Nun lebt wohl, Gerd nimm Dir noch von ganzem Herzen unsere geschwisterlichen sehr innigen guten Wünsche nachträglich. Erzählt Euren Jungens, dass "hinter den Bergen" auch noch Verwandte wohnen, die sie lieb haben. - Schreibt bitte manchmal. - Otto und ich wir grüssen Euch dankbar und herzlich.

Eure Nanna.

Hebt die Briefmarke auf, sie ist selten!

 

Ansvarig utgivare: Stefan Zenker, www.zenker.se

 
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