Brev från Hertha Zenker den 6 februari 1949

An Frau Märta Zenker. Enskede b. Stockholm. Cirkelvägen 19, Schweden.

Abs: Hertha Zenker (10a) Dresden - A21 Ermelstr. 13I, Sowj. Zone, Sachsen, Deutschland.

Dresden, den 6. Februar 1949.

Liebe Märta und lieber Gerd!

Für den heute eingetroffenen Brief danke ich sehr herzlich. Ich will ihn gleich beantworten damit Ihr wieder "dran" seid! Jetzt sitze ich grade in Ruhe da, u. warte der Dinge, die vielleicht heute Nacht eintreffen werden, vielleicht auch nicht. Ich bin im Nazareth-Entbindungsheim im nächtlichen Bereitschaftsdienst. Da steht nun mein schönes Bett zu Hause unberührt zu Hause, u. ich muß hier auf einer harten Pritsche schmachten, das ärgert mich am meisten, denn Ihr wisst ja, dass Zenkers sehr für ihre Betten eingenommen sind.

Also über den Brief freute ich mich sehr, so hörte ich mal wieder Näheres von Euch. Es ist schön, daß Stefan ein kräftiger Junge geworden ist, u. wachsen wird er gewiß noch richtig, das kommt noch, wenn die anderen damit aufhören. Auf dem Bilde sind eigentlich alle recht gut getroffen, die Jungens werden wohl nicht immer so zahm sein wie sie darauf aussehen.

Mein Brüderherz sitzt zwar etwas im Finstern, aber trotzdem ist er als treuer u. gut aussehender Ehemann zu erkennen. Ja, wenn man nur einmal auf einen kurzen Besuch kommen könnte. Mutti schrieb ganz entzückt von der reizenden kleinen Irmeli u. der netten Mutter Karin, die die schönesten Braunaugen von Schweden hat. Wenn Ihr den Leipziger Sender hört, dreht Ihr dann nur die Sportnachrichten an? Mit unserem Radio können wir wenig hören, 1. weil keine Antenne ist u. 2. müßte der Kasten überholt werden. Lieber Bruder, schon dazu fehlst Du uns.

Das geschickte Schälchen ist das aus Eurer Wohnung, wir nahmen es damals mit. So etwas kriegt man jetzt kaum zu kaufen. Ja, Eure Sachen in Klotzsche. Es ärgert mich vieles u. man müßte versuchen mal an diese Dinge heran u. sie heraus zu bekommen. Aber ohne Verfügungsrecht kann ich das ja nicht machen.

Wir leben um zu arbeiten aber wir arbeiten um zu leben, man kann es drehen wie man will. Gesundheitlich geht es mir so la la. Ich ernähre mich so einigermaßen von Weißbrot (teuer) u. müßte viel Milchbrei essen, wenn man hätte. So geht es eben hin. Zur Zeit kämpft Erna ["Sibylle"] mit einer Grippe, die sehr herumgeht. Schnee haben wir auch fast gar nicht gehabt bis jetzt. Ein ungesundes Klima, noch dazu bei unseren Trümmern u. dem dazugehörigen Staub. Seid glücklich, daß Ihr in keine Trümmer zu schauen braucht. Schon deshalb möchte ich einmal verreisen,

Jetzt will ich aber noch ein wenig hinlegen, es ist kalt u. wer weiß was noch für Überraschungen heute Nacht kommen werden. Mein Beruf ist so unberechenbar wie das Kinderkriegen.

Lebt schön wohl, meldet Euch mal wieder. Vergeßt nicht Eure Hertha.

Ansvarig utgivare: Stefan Zenker, www.zenker.se

 
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Senast ändrat eller kontrollerat den 7 februari 2014.