Brev från Hans och Suse Zenker till Märta den 1 oktober 1946

Anm. Brevet omfattar 16 sidor (antagligen 8 ark) men postades i tre olika kuvert för att klara viktbegränsningen. Jag har ännu bara hittat två av dem. Mellandelen fattas ännu. /SZ

Freital, 1. 10. 46

Liebe Märta,

ich habe Dir heute nacht einen 16 seitigen (!) Brief geschrieben und vor lauter Eifer vergessen, dass man ja nur 20 gr. schicken darf. Nun muss ich den Brief in 3 Teilen absenden, es ist sehr komisch, weil es so mitten im Satz aufhört. Hoffentlich kommt alles an, damit Du es zusammensetzen kannst. Schreib mal, wie es ging.

Hast Du nicht mal ein Foto von Euch? Das wäre sehr schön! Nochmals Tausend liebe Grüsse.

Deine Suse.

Renate ist heute auf einem Klassenwandertag. Ich möchte aber nun gern den Brief abschicken, darum also ohne ihren persönlichen Gruss. Aber sei versichert, dass sie Deiner ebenso herzlich und dankbar gedenkt wie wir.


Freital, 30. 9. 46

Meine liebe gute Märta,

Es ist eine Schande, dass ich Dir noch nicht geschrieben habe, nachdem ich von Dir 2 so liebe Briefe hatte. Inzwischen war ich in Weimar und im Erzgebirge und hatte die Briefe immer bei mir mit den besten Absichten - aber der Geist is willig, doch das Fleisch ist schwach!! (In Weimar stürzte sich Reinhart gleich auf die schwedischen Briefmarken u. kassierte die Umschläge!) Ich bin so entsetzlich schreibfaul geworden, dass ich über all her Vorwürfe bekomme, besonders meine Mutter wartet immerzu. Nur Du gute hast noch nicht geschimpft, und nun ist ja auch ein ganz gewaltiger Anlass da, Dir zu schreiben, denn wir haben Dein wunder-wundervolles Paket!! Unser Freund brachte es uns aus Berlin mit. Ach Märta, es kommt uns vor, als wären wir ins Schlaraffenland geraten. Es ist eine unbeschreibliche Freude über all die Reichtümer! Ich habe sofort ein wahrhaft lukullisches Diner hergestellt mit lieblichsten Fettaugen auf allem drauf und Schokoladenpudding mit köstlicher Vanillasosse aus dem fabelhaften Milchpulver. Und Kaffee und Tee gabs schon! Wir haben nichts mehr gedacht, wir genossen!

Jetzt abends spät nach einem wie immer arbeitsreichen Tag sitze ich am Schreibtisch und schlürfe dabei auch Kaffee, der ja Wunder bewirkt! Haferflocken, Maccaroni und Mehl (u. was für welches!) sind ebenso hochwillkommen, und über die Schokolade, die wir nicht mehr kennen, freuen sich unsre Gaumen! Heute abend gabs Bratkartoffeln mit Speck gebraten. Haha! - Nachdem wir in all diesen Genüssen schon geschwelgt haben, will ich jetzt aber sparsam sein, damit das möglichst lange reicht. Das eine Butterstück habe ich schon eingekocht für den kalten Winter, vom anderen gehren wir jetzt, sogar unser Gemüsetopf kann nun über die freundlichen Fettaugen lachen! Es schmeckt doch alles gleich so gekocht viel besser u. man merkt es auch! Herrliche Plätzchen hab ich auch gleich gebacken, es war eine Lust, so zu hantieren! Da bin ich wieder gern in der Küche.

Was hast Du eine Mühe gehabt, alles so fein einzupacken, und das Auspacken war gleich so beziehungsreich! Als dann alles auf einem Tisch aufgebaut lag, kam uns diese Segen richtig märchenhaft vor. Du hast uns also ein grosses Glück ins Haus geschickt und wir 3 danken Dir für Deine Liebe von ganzem Herzen, liebe Märta!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!. (Das sind alles Händedrücke und Küsse!)

Ausserdem hat Mutter mir auf Deinen Brief hin ein Paar Stiefel von Dir gegeben und Deinen Pelzmantel will sie uns auch noch herausrücken. Nicht sehr gern anscheinend, aber dennoch. Wo der Mantel war, wusste sie nicht gleich, als ich sie fragte, sie wollte nachsehen. Aber sonst hätte sie schon alles für Hertha u. Nanna verwendet. Solche Art von Verhandlungen sind nach wie vor schwierig mit ihr. Soll ich nicht dann lieber den Mantel für Dich aufbewahren oder ihn verkaufen u. vielleicht gibts mal eine Möglichkeit, Dir das Geld zu schicken? Denn so sehr wir uns freuen, dass Du uns so schöne Sachen geschickt hast und auch noch fragst, was uns besonders fehlt, so sehr bedrückt es doch auch, dass Du solche Ausgaben hast, die wir doch jetzt gar nicht gut machen können, da wir Dir ja gar nichts schicken dürfen.

Ich kann nur hoffen, dass sich mal Gelegenheit gibt, dass ich Deine liebevolle Fürsorge einmal an meinem Patenkind Rolf vergelten darf. Er hat nun diese Woche Geburtstag, ich werde sehr lieb und mit allen besten Wünschen an ihn denken. Hab ihn noch so gut in Erinnerung, aber wie gern sähe ich, wie er gewachsen ist. Stefan ist ja bald schon so gross wie Reinhart, und das ist ein grosser Bursche geworden. Er geht schon das 2. Jahr zur Schule. Dass wir alle Erik noch nicht kennen, ist so seltsam. Wäre es doch nur möglich, dass Du plötzlich so ganz selbstverständlich mal wieder bei uns wärst, und nun mit allen Dreien. Es ist so schrecklich, dass Ihr von Gerd noch so getrennt seid, ja, ich glaube es Dir, dass es schwer ist. Bleibt uns nur, mit Dir zu hoffen, dass es recht bald doch irgendwie möglich wird mit seinem Kommen, und das tun wir denn recht eindringlich. Ob denn Dein Bruder inzwischen Papa geworden ist? Über Deine so sichere Prophezeihung eines Sohnes musste ich lachen! Missachtest Du so sehr unser Geschlecht? Oder ist es wegen des mathematischen Ausgleichs der 4 Mädchen von Domnarvet gegen 4 Jungens auf Salta? Seid Ihr alle miteinander gesund? Wir sinds bis auf sich immer steigernde Müdigkeitserscheinungen. Aber wir haben jetzt Ferien hinter uns. Hans hatte es sehr nötig bei seinem anstrengenden Dienst, die Anforderungen werden immer grösser u. das Arbeitsgebiet immer ausgebreiteter, vor allem auch durch Fürsorgedienste, die die Innere ...


[Hier fehlt noch das zweite Stück. /SZ]


... wie es in Freital aussieht? Im Sommer ganz hübsch. Jetzt färbt der Windberg sich schon bunt, aber unsre Bäume lichten sich schon, die den Garten abschlossen vom grauen Gegenüber. Jedenfalls gibt es nicht mehr so viel Ruchs [el. Rußs]. Herr Behrla, dessen markante Persönlichkeit sich Dir ja sehr eingeprägt hat, ist im Winter gestorben. Das Bild der Einwohnerschaft hat sich sehr geändert seit dem grossen Zuzug. Uns hats einen sehr guten Freund gebracht, einen in Dr. ausgebombten Arzt, Internist. Wir haben uns in dem Jahr, das wir uns kennen, recht eng zusammen gefunden und schon viel Anregung dadurch gehabt. Ein besonderer Gewinn, da unsere Dresdener Bekannten fast alle fort sind.

Mutter sehen wir selten, Schweitzers noch seltener. Es hat eben jeder so viel zu tun, dass nicht Zeit bleibt für die langen Fahrten und einen Schwatz. Sibylle kommt manchmal, es waren schwere Zeiten mit ihr erst nach ihrem Wohnungsverlust und dann, als sie Hans-Christophs Tod erfuhr. Ihr ist ja damit auch wirklich ihr Lebensinhalt genommen. Wir vermissen alle den Jungen sehr, den wir alle ja so gern hatten. Sibylle ist leider derartig nervös geworden u. innerlich dauernd voller Anklagen, dass der Umgang mit ihr trotz besten Willens schwierig ist. Merkwürdigerweise hat sie sich mir jetzt mehr angeschlossen und schimpft dann über die ganze Zenkerei. Aber Du fehlst ihr sehr (In diesem Punkte bin ich übrigens völlig einig mit ihr!)

Jetzt ist es 2 Uhr nachts. Der Kaffee vom Anfang des Briefes hört auf zu wirken. Und das Schreiben geht nicht so schnell, da ich mit der lateinischen Schrift immer noch nicht auf vertrautem Fusse stehe. Ich übe es allerdings gar nicht. Man muss so viel nachdenken dabei!

Das noch: Solltest Du wirklich, wie Du schreibst, dran denken, abermals Päckchen zu packen, was wir, wie gesagt, nur mit der Hoffnung verbinden könnten, es später mal wieder "gleiche zu machen" (bitte: echt sächsisches bonmot!) - also wenn, dann noch ein Wort wegen der Zigaretten, die noch immer meine Schwäche, Freude, Trost oder wie Du willst, sind. Du sagst, Du habest keine geschickt wegen des hohen Zolles. Sollte es bei Euch erschwingliche Zig. geben, so wisse, dass hier eine acht mal so viel kostet, wie Du als Zollpreis sagst. Hier ist jetzt jeder, der Garten hat, sein eigner Fabrikant, nicht gerade zur Freude der Nichtraucher, die meist die Nasen rimpfen!

Süßstoff ist sehr willkommen. Sind Fischkonserven nicht zu schicken erlaubt? Habt Ihr Schnürsenkel, braun u. schwarz für Männer u. Frauenschuhe (auch dunkelgraue für Männer-Halbschuhe). Indem ich so etwas schreibe, komme ich mir ja so unbescheiden vor u. schlage die Augen nieder. Aber warum fragst Du auch! Ach, Märta!

So, nun beende ich den Schrieb von so ansehnlicher Länge im Blick auf Deinen Geburtstag. Wir werden im Gedanken mit [ark 8] in Eurer Runde sitzen. Da es aber in Wirklichkeit nicht kann sein, gehen alle unsere guten Wünsche zu Dir, vor allem natürlich in Bezug auf Eure baldige Wiedervereinigung. Wenn Du am 26. auch mal an uns denkst, dann treffen sich unsre Gedanken bestimmt unterwegs, ob auf See oder auf dem Land, das kommt darauf an, wer von uns früh zuerst aufwacht!!

Grüsse bitte Deine Eltern aufs Beste und streichle mal in unserem Namen über Deine drei Kinderköpfe (verweile dabei ein bisschen auf dem Köpfchen meines Rolfs!) und sei vor allem Dir sehr liebevoll und sehr, sehr dankbar gegrüsst von Deiner Suse.

Ansvarig utgivare: Stefan Zenker, www.zenker.se

 
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Senast ändrat eller kontrollerat den 6 februari 2018.