Den 14 maj 1946

Mein geliebter Gerd!

Hab tausend Dank für Deinen lieben Brief, der gerade zu meinem Namenstag kam mit den Glückwünschen an mich und Stefan und den ich erhielt als ich um sechs mit Bertchen u. Mia kam. Du wirst es nicht verstehen können, wenn ich Dir sage, wie nah Du mir gekommen bist durch sie. Und jetzt weiß ich auch, daß ich gar nicht schüchtern sein werde vor Dir. Es wird alles ganz natürlich sein, sobald Du in meinen Armen bist. Nachts träume ich so oft von Dir nun und ich hab Dich so sehr lieb und Du bist mir so nah, so nah, so sehr nah. Ich hätte nicht gedacht, daß es so viel ausmachen sollte, daß sie da sind. Es ist nicht nur daß wir so viel von Dir sprechen. Die ganze Zeit wird wieder lebendig und meine Sehnsucht so groß und schwer. Und besonders heute am abend vor Stefans Geburtstag bist Du so lebendig bei mir. Mein geliebter Gerd. Ich habe ihm seine Pakete zurecht gemacht. Er kriegt hauptsächlich Sachen zum Anziehen, sonst hat er sich Nägel gewünscht, zum Bauen, er hämmert so gern.

Wir haben es recht nett hier. Bertchen macht sich sehr beliebt, gräbt die Erde um im Garten u. repariert unsre Uhren. Und Mia hilft sehr schön mit u. stopft auch. Und sie plaudert so viel und so unerschrocken mit pappa, er hat Spass daran, ich hatte ein wenig Angst, sie wäre nicht sein Typ. Und ich habe Bertchen so lieb, es ist so hübsch die beide hier zu haben, ich werde weinen wenn sie fahren am 31. Sie schlafen nun in Banka mit Andreas, er ist so artig. Ich muß mich immer wieder wundern, wenn ich sie hier sehe und Du bist nicht bei mir. Es ist eigentlich komisch, so gute Freunde waren wir nie im Leben wie wir jetzt werden, es ist ja klar.

Mutti hat eine Karte an Stefan geschrieben und Otto einen langen Brief. Das ist doch nett. Habe drei Pakete à 10 kg. nach Dresden geschickt. Mein lieber, lieber Gerd, wann darf ich bei Dir sein wieder? Es wird so schön. Und wir werden immer so lieb zu einander bleiben, wie nur wir es können.Ich habe große Sehnsucht nach Deiner Zärtlichkeit. Dabei sagte Stefan heute: Du hast ja keine Ahnung wie ich Dich liebe, Mamma! Du mein, mein, mein liebster Gerd, ich stehe mit offenen Armen und warte auf Dich. Komm!

Deine Märta